Famulaturbericht Madagaskar September 2018
Famulaturbericht Madagaskar, September 2018
von Sandra Pohl und Linda Müller
Hilfseinsatz Madagaskar, das bedeutet nicht nur vier Wochen Abenteuer sondern auch vieles an Vorbereitung und Planung! Alles beginnt mit dem ersten Skypegespräch, bei dem wir uns erstmals kennenlernten und die Aufgaben untereinander verteilten. Es gab viel zu tun! Spenden mussten gesammelt werden, Materialien bestellt und der Einsatz mit Unterkünften und Transfers, Visa und Arbeitserlaubnis organisiert werden. Nur dank der zahlreichen Materialspenden der Dentalfirmen, den großzügigen Spenden von Freunden, Patienten und Familie und gutem Teamwork in der Vorbereitung konnte unser Einsatz reibungslos stattfinden.
Materialspenden der Dentalfirmen
Soltec, ein Berufsausbildungszentrum für sehr arme Menschen, war unsere erste Anlaufstelle für den geplanten Hilfseinsatz. Auf dem Gelände von Soltec befindet sich ein Raum, in dem die Materialien von Planet Action lagern und während des Einsatzes als Praxis diente. Das Einrichten der Praxis begannen wir am Wochenende vor unserem ersten Arbeitstag. Es dauerte einige Zeit, alle Koffer und vorhandenen Materialien auszupacken und so aufzubauen, wie wir es für richtig hielten. Eine selbst gebaute Madagaskar-Praxis ist schon sehr anders verglichen mit einer normalen Praxis, aber wir fanden uns zurecht und entwickelten ein System, mit dem wir arbeiten konnten.
An unserem ersten Arbeitstag wurden wir schon früh von einigen Patienten erwartet, die geduldig vor der Praxis saßen. Dies zeigte uns, dass der Behandlunsgsbedarf sehr groß ist. Um die Kommunikation mit den Patienten zu erleichtern, stellte sich ein Mitarbeiter von Soltec zum Dolmetschen zur Verfügung, da die meisten Patienten kein Französisch sprachen. Dennoch lernten wir schon schnell die ersten Wörter Malagasy. Zu den wichtigsten Vokabeln zählten: Manaon (Guten Tag), aiza marary (Wo sind die Schmerzen?), zindrumina kely (kleine Spritze) und efa mety (gut gemacht). Von Tag zu Tag trafen mehr Patienten ein und wir arbeiteten eine Liste ab, die Soltec für uns zusammengestellt hatte.
Durch die mobile Einheit waren viele flexible Behandlungen möglich, von Füllungen bis zur Osteotomie von Weisheitszähnen. Außerdem half sie uns häufig, wenn ein schon sehr beschädigter Zahn im unteren Drittel abgebrochen war und wir mit Hebel und Co. keinen Erfolg mehr hatten, diesen zu entfernen. Bei allen Behandlungen waren die Patienten sehr tapfer, geduldig und dankbar. Für die wartenden Patienten vor der Praxis gestalteten wir Putzdemonstrationen und verteilten Zahnbürsten und Zahnpasta.
Zahnpasta- und bürsten werden bei Putzdemonstrationen verteilt
Nach der ersten Woche musste unsere provisorische Klinik wieder verstaut werden, denn unsere Reise ging weiter nach Manda, der Ort unserer zweiten Einsatzwoche. Manda ist ebenfalls ein Hilfsprojekt, hier wird Straßenkindern eine Tagesbetreuung geboten. Sie werden unterrichtet, können Sanitäranlagen nutzen und bekommen Essen. Das Ziel ist es, sie soweit zu sozialisieren, dass sie öffentliche Schulen besuchen können.
Wir bauten unsere Praxis in einem der Klassenzimmer auf. Die Reinigung, Desinfektion und Sterilisation der Instrumente wurde dadurch erschwert, dass wir keinen Wasseranschluss in dem Raum hatten. Aber auch dafür fanden wir schnell Lösungen, sodass das Behandeln losgehen konnte. Wir begannen mit einer Putzdemonstration und gemeinsamem Zähneputzen der Kinder. Dafür verteilten wir an alle Kinder neue Zahnbürsten.
In dieser Woche führten wir weniger Extraktionen durch als zuvor bei Soltec. Man konnte erkennen, dass die Kinder bei Manda regelmäßig ihre Zähne putzen, auch wenn hierbei noch Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Viele Zähne konnten noch durch Füllungen gerettet werden. Auch wenn dabei manchmal die eine oder andere Träne verdrückt wurde, waren die Kinder insgesamt sehr tapfer und haben kurz nach der Behandlung wieder über beide Ohren gestrahlt.
An unserem letzten Tag bei Manda wurden wir mit einer Abschiedsshow, die extra für uns einstudiert wurde, überrascht. Außerdem hatten die Kinder auch noch sehr kreative „Danke“-Plakate für uns gebastelt, über die wir uns wahnsinnig freuten. Die Arbeit mit den Kindern war um einiges anstrengender als das, was wir die Woche davor erlebt hatten. Aber die strahlenden Kinderaugen belohnen einen für all die Arbeit, die wir in unseren Einsatz gesteckt hatten.
"Danke"-Plakate von den Kindern
Für die zweite Hälfte unseres Einsatzes flogen wir in den Süden der Insel nach Fort Dauphin. Dort war unser Arbeitsplatz für die nächsten zwei Wochen das Kloster Marillac. Unser Behandlungszimmer in Marillac war wieder ein Klassenzimmer, in dem es allerdings leider weder Strom noch Wasser gab. Dieses mussten wir in Eimern von der Wasserstelle holen. Sterilisiert wurde in einem Drucktopf, den wir neben der Küche auf eine Feuerstelle stellten. Vom Rathaus der Stadt wurden Listen mit Patientennamen an uns gegeben, die wir versuchten so gut wie es nur geht abzuarbeiten.
Der Hauptbestandteil unserer Arbeit waren Extraktionen. Allein in den zwei Wochen in Marillac zogen wir 1209 Zähne. Der Zustand der Zähne war sehr schlecht. Oft kamen Patienten, die nur noch Wurzelreste besaßen. Auch hier verteilten wir Zahnbürsten und zeigten den Patienten in Putzdemos, wie diese zu benutzen sind. Wir arbeiteten mit dem lokalen Zahnarzt zusammen und konnten so Erfahrungen austauschen.
Es war eine unglaubliche Erfahrung für uns. Wir konnten viel über Zahnmedizin und Land und Leute lernen und haben erfahren, wie es ist mit dem Nötigsten auszukommen. Wir freuen uns, dass wir so vielen Patienten helfen konnten.
Ein großes Dankeschön an die vielen großzügigen Spenderinnen und Spender, ohne die der Einsatz gar nicht erst möglich gewesen wäre!