Famulaturbericht Ukraine August 2017

Famulaturbericht Ukraine, August 2017
von Dr. Christiane Schwarz
Nach vielen Vorbereitungen und Zollformalitäten kamen eine Zahnarzthelferin und ich nach einer Fahrt von 2100km in der Ostukraine im Gebiet Kharkiw an. Bereits einige Stunden später ging es dann gleich in ein kleines Dorf 60km südöstlich von Kharkiw, wo die zahnmedizinische Behandlung stattfinden sollte. Zu unserer großen Überraschung fanden wir ein kleines Behandlungszimmer im Keller eines Wohnhauses vor, das zwar sehr einfach aber doch besser ausgestattet war, als wir gedacht hatten.

Das Behandlungszimmer
Die einheimische Zahnärztin behandelt dort zweimal wöchentlich um die Bewohner der umliegenden Dörfer in einem Radius von ca. 60km soweit wie möglich zahnmedizinisch zu versorgen. In der Ukraine gibt es kein Versicherungssystem für die zahnmedizinische Versorgung. Zu Sowjetzeiten wurden die Behandlungskosten vom Staat getragen, doch jetzt sind die Menschen auf sich alleine gestellt. Gerade die Landbevölkerung, die zum großen Teil noch als Selbstversorger leben, sind kaum in der Lage, sich eine zahnmedizinische Versorgung zu leisten. Wenn eine Behandlung unabdingbar ist, werden viele Zähne entfernt. Wir wollten mit unserer Behandlung die Not dieser Menschen ein wenig lindern und vor allen Dingen ihnen auch eine gute Behandlungsatmosphäre schaffen, da aufgrund der begrenzten Behandlungsmöglichkeiten die Zahnarztangst auch dort sehr verbreitet ist.

Ein Blick aus der "Praxis" auf die Straße
Im Dorf angekommen, nutzten wir den ersten halben Tag um unser Behandlungszimmer einzurichten und die mitgebrachten Geräte zu installieren. Dabei war es uns eine besondere Arbeitserleichterung, dass wir den vorhandenen Heißluftsterilisator durch einen alten gespendeten Melag 30B Vacuklaven ersetzen konnten.
Gegen Abend des ersten Tages begannen wir noch mit der Patientenbehandlung. An den weiteren Tagen hatten wir unsere Sprechzeiten von 8.30 bis ca. 21 Uhr, unterbrochen von einer kurzen Mittagspause. Die Behandlung wurde von den Einheimischen so organisiert, dass an jedem Tag Menschen aus einem anderen Dorf zur Behandlung kommen durften. Außerdem sollten nur diejenigen kommen, die eine einzeitige Behandlung und keinen Zahnersatz brauchen. So hatten wir täglich 15-20 Patienten, die teilweise fast den ganzen Tag auf der Veranda saßen und warteten, bis sie an der Reihe waren.

Das "Wartezimmer"
Die Behandlungsmöglichkeit an sich, war für viele schon ein Geschenk, aber dass Zähne mit Anästhesie entfernt werden, ist dort keine Selbstverständlichkeit, sodass wir sehr dankbare Patienten erlebten. Viele konnten nicht glauben, dass sie für die Behandlung keine Rechnung bekommen. Sie bedankten sich sehr herzlich und brachten uns Früchte aus ihrem Garten vorbei. Sehr gute Unterstützung bekamen wir von der einheimischen Zahnärztin und ihrer angelernten Helferin, die sich liebevoll um die wartenden Patienten kümmerten, uns bei der Instrumentenaufbereitung zur Hand gingen und zwischendurch für eine Tasse Kaffee und etwas Süßes zur Stärkung sorgten.

Während der Behandlung
Die 8,5 Behandlungstage vergingen wie im Flug. Am Ende waren 120 Patienten mit einem breiten Spektrum aus dem gesamten Gebiet der Zahnmedizin behandelt. Es fing an mit Beratungen, Fissurenver- siegelungen, Zahnsteinentfernungen, Parodontitisbehandlungen, vielen Füllungen und Extraktionen.

Vor der Rekonstruktion | Wiederherstellung 12-22
Besonders nett war es, dass wir häufig zu hören bekamen. „Ich habe eine Überweisung zur Zahnentfernung bei einem Chirurgen in der Stadt. Können Sie das auch hier machen?" Und dann entfernten wir diesen Zahn in unserem Behandlungszimmer auf dem Dorf, wo es nicht einmal eine asphaltierte Straße gibt. Prophylaxe ist dort leider immer noch sehr wenig verbreitet. Wir fingen dann an, bei den Patienten, die weniger Füllungen oder Extraktionen brauchten, eine professionelle Zahnreinigung zu machen. Auch diese Behandlung wurde sehr gerne angenommen. In den nächsten Tagen wurde die Zahnreinigung vermehrt nachgefragt.

Systemkästen bewährten sich zur Materialorganisation bei gleichzeitigem Kontaminationsschutz
Über die Möglichkeit von Mundhygieneaufklärung und Kariesentstehung in der örtlichen Schule diskutierten wir mit der einheimischen Zahnärztin. Sie ist sehr motiviert und strebt mehr Aufklärungsarbeit gerade auch unter den Schulkindern an.
Mein Dank gilt der Mennoniten-Brüdergemeinde Bad Salzuflen e.V. und dem Verein Dobra Novina in Kharkiw, welche sowohl die rechtlichen als auch die finanziellen Voraussetzungen für meine Behandlung im Gebiet Kharkiw geschaffen haben. Ganz besonders bedanke ich mich bei der Firma Gebr. Brasseler GmbH & Co. KG, welche durch ihre Materialspende diesen Behandlungseinsatz sehr unterstützt hat.

Dr. Christiane Schwarz mit einem glücklichen Jungen
Korrespondenzadresse:
Dr. Christiane Schwarz
Praxisteam Dr. Ilse Weinfurtner
Paulinenstr. 58
32756 Detmold